KI und Digitalisierung im GaLaBau: Wie GaLaBau-Betriebe von neuen Technologien profitieren können

Die fortschreitende Digitalisierung verändert Unternehmensprozesse von Garten- und Landschaftsbaubetrieben. Um zukunfts- und wettbewerbsfähig zu bleiben, sollten diese ziel- und prozessorientiert mit digitalen Veränderungen umgehen, rät Lucas Winkler, Geschäftsführer bei Winkler Garten- und Landschaftsbau. Wie das gelingen kann, erläutert der Autor zahlreicher Fachbeiträge zum Thema im Interview.

Lucas Winkler im Interview

Gesammelte Daten mit Hilfe von KI analysieren

Herr Winkler, was sind aktuell die wichtigsten digitalen Trends für den Garten- und Landschaftsbau?

Lucas Winkler: 3D-Aufmaße werden inzwischen mit sogenannten Lidar-Sensoren problemlos über das Smartphone erstellt. Außerdem ist die Verknüpfung des Internets der Dinge (Internet of things) mit bestimmten Diensten ein großes Thema. Hierbei werden unter anderem BLE-Tags (Bluetooth Low Energy) eingesetzt. Das sind kleine Hardware-Komponenten, die Kleingeräte über ein Bluetooth-Signal mit dem Internet verbinden. Damit lassen sich etwa Informationen zu Leistungsdaten abfragen.

Auch Pflanzen können mit dem Internet verknüpft werden, um anschließend Daten in die Cloud oder ins Büro zu senden. Inzwischen geht es vor allem darum, die jahrelang gesammelten Datenmengen mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI) auszuwerten.

Wo gibt es gelungene Beispiele für den Einsatz digitaler Lösungen, die GaLaBau-Betriebe schon heute nutzen?

Lucas Winkler: Wenn ich für einen Privatkunden ein Angebot erstellen soll, kalkuliere ich dieses im Büro auf der Basis des digital vor Ort genommenen Aufmaßes. Dabei kann ich mich im 3D-Modell bewegen und so Flächen, Längen sowie Umfänge messen. Darüber hinaus nutzen hier im Umkreis kleinere Kommunen beispielsweise Sensoren bei der Bewässerung von Bäumen.

ChatGPT und ähnliche textbasierte Chatbots liegen im Trend. Was können sie GaLaBau-Betrieben bieten?

Lucas Winkler: Mit generativer künstlicher Intelligenz lassen sich Bilder, Videos oder Texte erstellen. Anschließend können GaLaBau-Betriebe diese in der Entwurfsphase oder im Marketing nutzen. Doch noch steckt die Technologie bei der Übertragung auf den Garten- und Landschaftsbau in den Kinderschuhen. Andererseits werden KI-Tools zunehmend in Grafikanwendungen wie etwa Photoshop implementiert. Sofern Landschaftsarchitekt*innen oder Gärtner*innen im Designbereich damit arbeiten, haben sie bereits funktionierende KI-Tools an der Hand.


KI/AI

AI ist die Abkürzung für „Artificial Intelligence“ – zu deutsch: Künstliche Intelligenz (KI). Als Teilgebiet der Informatik ahmt KI kognitive, menschliche Fähigkeiten nach, indem sie menschliches Eingabeverhalten anhand von Daten erkennt und zuordnet.

Generative KI schafft – auf Basis von Trainingsdaten – neue Inhalte in Form von Texten, Bildern, Audio oder Filmen. ChatGPT ist zum Beispiel eine generative KI.


Einsatz von generativer KI

Die KI muss ständig weiter mit eigenen Daten gefüttert werden

Mit Hilfe von ChatGPT und ähnlichen textgenerierenden Programmen kann man sich schnell Informationen herausfiltern oder zusammenfassen lassen. Angenommen, ich soll ein Angebot für die Rasenrenovierung einer 100 Quadratmeter großen Fläche abgeben. Dann liefert mir die KI nach mehrstufig formulierten Eingaben eine Art Exceltabelle, die ich nicht eins zu eins, aber zur Orientierung verwenden kann. Darüber hinaus schlägt KI die Brücke zum Data Mining im eigenen Betrieb, verknüpft meine Daten mit Schlagwörtern und Befehlen, um das Angebot zu erstellen. Damit ist ein Großteil meiner Arbeit schon erledigt.


Data Mining

Beim Data Mining (englisch für Datengewinnung bzw. „Datenschürfen“) werden viele Daten gesammelt und analysiert. Dies bietet die Möglichkeit, in den Datenbeständen versteckte Muster und Strukturen zu erkennen und für anstehende Entscheidungen oder Bewertungen zu nutzen.

Industrie 4.0 – digitale Transformation
In der sog. Industrie 4.0 sind Mensch, Maschine, industrielle Abläufe und Produkt durch Technologie direkt miteinander vernetzt.


Sensible Kundendaten: Datenschutz beachten!

Lucas Winkler: Die industrielle Revolution 4.0 ist ein fortwährender Prozess, der an manchen Stellen durchaus heikel sein kann. Etwa, wenn ich in KI-Programmen Daten oder Fotos meiner Kund*innen hochlade, die mir nicht gehören. Vor allem die kostenfreien Versionen von KI-Programmen lassen sich mit Daten füttern, die sie dann für ihr Training weiterhin nutzen. Denn das gehört zum Geschäftsmodell. Deshalb nutzt man besser kostenpflichtige Pro-Versionen, bei denen die eingegebenen Daten nicht zwingend in den Besitz der Plattformbetreiber*innen übergehen. Zudem sollten die Eingaben stets anonymisiert übermittelt werden.

Neben den rechtlichen Aspekten gibt es noch weitere zu beachten. Um die über verschiedene Tools gesammelten Daten zusammenzuführen, braucht man funktionierende Schnittstellen. Außerdem müssen GaLaBau-Betriebe die Implementierung neben ihrem Tagesgeschäft umsetzen. Digitalisierung bedeutet Veränderung und die fällt vielen Menschen schwer. Es ist wichtig, die Mitarbeiter*innen von Anfang an mitzunehmen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Veränderungsprozesse Zeit, Nerven und Geld kosten.

Datensicherheit im Internet

Welche Potenziale bietet die Digitalisierung dem GaLaBau aus Ihrer Sicht bei der täglichen Arbeit?

Lucas Winkler: Zunächst sollte jeder Betrieb seine Chancen im Hinblick auf Digitalisierungsprozesse identifizieren. Dabei müssen auch mögliche Risiken betrachtet werden. Denn der wirtschaftliche Nutzen einer Digitalisierung von Unternehmensprozessen kann von einem zum anderen Betrieb sehr unterschiedlich sein.

Erst das Problem definieren, dann die passende digitale Lösung suchen

Das Wichtigste ist eine problemorientierte Herangehensweise. Deshalb sollte man immer vom organisatorischen Problem ausgehen und erst dann das passende Tool auswählen.
Zudem sollte der Fokus einerseits auf der Zeitersparnis liegen, andererseits auf den Mitarbeiter*innen. Mit einer digitalen Zeiterfassung etwa lässt sich der Aufwand im Vergleich zur analogen Erfassung deutlich verkürzen, angefangen vom Lohnzettel oder Tagesbericht bis hin zu den Überstunden oder dem Urlaubsantrag.

Mit Blick in die Zukunft: Welche nächsten Schritte halten Sie bei der Digitalisierung für den GaLaBau für denkbar?

Lucas Winkler: Mittlerweile sind über 9000 KI-Tools kategorisiert, die für Unternehmen interessant sein könnten. Auch für den GaLaBau werden gute Tools entstehen, die teils schon in der Entwicklung sind. Beispielsweise werden sie dabei helfen, den Ausschreibungsmarkt effizienter zu gestalten oder Angebote besser zu kalkulieren.

Zuletzt wurde bei den Baubetriebstagen in Osnabrück ein Tool vorgestellt, das wir in unserem Betrieb jetzt in einer abgespeckten Version im Rahmen von Data Mining zur Unterstützung der Vorkalkulation einsetzen. Wenn ich etwa bei einer Ausschreibung eine Position mit einer Leistungsbeschreibung bepreisen will, kann ich so mittels KI vergleichbare Positionen aus meinen Datensätzen herausfiltern. Das stimmt in der Regel bereits zu 50 Prozent überein, den Rest passe ich an. Das wird künftig viel Zeit sparen.

Künstliche Intelligenz wird uns künftig an vielen Stellen unterstützen. Bisherige Arbeitsweisen werden verschwinden, neue werden, auch als Folge neuer Marktlösungen, entstehen. 

Trotz allem gilt: Im Mittelpunkt steht auch weiterhin der Mensch!


Zur Person

Lucas Winkler absolvierte nach seinem Abschluss als Landschaftsgärtner den Bachelorstudiengang Landschaftsbau und -Management an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf sowie Management im Landschaftsbau an der Hochschule Osnabrück. Seit 2020 ist er Geschäftsführer bei Winkler Garten- und Landschaftsbau mit Verwaltungssitz in Groß-Zimmern. Das Unternehmen mit weiteren Niederlassungen in Frankfurt am Main und Bautzen beschäftigt 45 Mitarbeiter*innen. Winkler ist seit 2018 Mitglied der Arbeitsgruppe Digitalisierung beim Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. und seit 2022 Vorsitzender des Ausschusses Digitalisierung beim Fachverband Garten-Landschafts- und Sportplatzbau Hessen-Thüringen e. V. Zudem ist er im Fachverband auch Präsidiumsmitglied. Er gibt seine Expertise auch in Büchern, Fachbeiträgen und Vorträgen weiter.